Bündnis90/Die GRÜNEN

Fraktion Regionalverband Mittlerer Oberrhein

 

Fraktionssprecher

Klaus Stapf

Amthausstrasse 22

76227 Karlsruhe

Tel 0721/403235 oder 0721/4094296 (geschäftlich)

 

 

Sehr geehrte Herren,

 

bitte entschuldigen Sie die verspätete Stellungnahme meiner Fraktion zum Entwurf zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten.

 

 

Vorab unsere politische Bewertung:

 

Nach unserer Meinung ist die planerische Befassung von Einzelhandelsgroßprojekten mit abschließenden Genehmigungsverfahren durch demokratische politische Gremien unerläßlich.

Nur so lassen sich neben raumplanerischen auch wirtschaftliche, ökologische und soziale Belange einbinden.

Das beinhaltet auch die Bewertung potentieller Konkurrenz, die sich schließlich im Fehlerfall gravierend auf Einzelschicksale (z.B. Arbeitslosigkeit), auf ökologische Fehlentwicklungen (z.B Flächenverbrauch, Bauruinen) und auf öffentliche Planungen und Ausgaben (z.B. Verkehr, Erschließung) auswirkt.

Deshalb muß die Handlungsfreiheit wirtschaftlicher Interessen hier zum Gemeinwohl eingeschränkt werden.

 

Die Stellungsnahme der Regionalverbände pointiert und präzisiert nach unserem Verständnis die Richtung des Wirtschaftsministeriums, Einzelhandelsgroßprojekte mit großem Vorrang in Oberzentren anzusiedeln. Besonders und aktuell wichtig ist die ausdrücklich genannte grundsätzliche Zulassung von Hersteller-Direktverkaufszentren (wie das in Söllingen geplante FOC) nur in Oberzentren.

 

Wir unterstützen die Stellungsnahme der Regionalverbände in diesem Sinne. Zusätzlich wünschen wir die Festlegung und Darstellung umweltbezogener Entscheidungskriterien in ähnlicher Weise, wie das durch Kongruenzgebot und Beeinträchtigungsverbot in wirtschaftlicher und raumplanerischer Hinsicht geschehen ist.

Den Hinweis auf die Umweltverträglichkeitsprüfungen im Zuge der Raumordnungsverfahrens sehen wir nicht als ausreichend an.

 

Einzelhandelsgroßprojekte wie das genannte FOC werden vermutlich zukünftig an Bedeutung und Umfang gewinnen. Eine prinzipielle Ablehnung würde die Probleme mittelfristig erschweren, da dann ein verstärkter Handlungsdruck zu erwarten wäre.

Bei Neuansiedlungen müssen die vorhandene Infrastruktur und Versorgungslage mit dem entstehenden Einzugsbereich und dem Warensortiment abgestimmt werden. Dies ist nach unserer Meinung üblicherweise nur durch Ansiedlung in Oberzentren möglich. Unterhalb von Mittelzentren halten wir die Durchführung von Raumordnungsverfahren für überflüssig, da eine sinnvolle, ausreichende, kostengünstige und umweltfreundliche Verkehrsanbindung und ein nachhaltiger Umgang mit Flächen dabei nicht möglich sind. Ebenso wird es kaum möglich sein, bei der insgesamt dichten Besiedlung der Regionen eine Konkurrenz zu benachbarten Ober- und Mittelzentren.

 

Nur auf diese Weise können Bevölkerung und Umwelt vor den ökologische und sozialen Nebenwirkung von Einzelhandelsgroßprojekten geschützt werden. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die weitgehende Vermeidung von zusätzlichem motorisierten Individualverkehr und Flächenverbrauch sowie auf die Situation der unfreiwillig von möglichen Konkurrenzkämpfen betroffenen Arbeitnehmer zu legen.

 

Zuletzt noch einige Punkte zur Ergänzung des Punktes 2.3.1 ‚Auswirkungen‘ im Schreiben des Wirtschaftsministeriums:

-         Der Umgang mit Freiflächen muß sensibilisiert werden. Die Flächenproblematik in den Städten darf nicht durch zusätzliche und großzügige Bebauung im ländlichen Raum gelöst werden. Der Flächenverbrauch durch großflächige Handelsbetriebe ist enorm und darf so nicht weitergeführt werden. Neuausweisungen unbebauter Gebiete sollten ausgeschlossen werden.

-         Die Auswirkungen auf Naherholungsgebiete ist ebenfalls ein wichtiges Thema bei der Planung von Einzelhandelsgroßprojekten einschließlich der geplanten Verkehrsinfrastruktur. Die Bevölkerung benötigt diese Fläche dringend zu Erholung und Freizeitgestaltung sowohl im stadtnahen als auch im ländlichen Raum. Schon jetzt führen Mehrfachbelegungen und Hochfrequentierung häufig zu Konflikten. Auch die Nähe der genannten Einrichtugen kann zu erheblichen Beeinträchtigungen führen.

-         Gleiches gilt für ökologisch schützenswerte Gebiete. Nicht nur Verbrauch oder Zerschneidung solcher Flächen, was grundsätzlich tabuisiert werden muß, sondern auch die Nachbarschaft zu Verkehrswegen und Wirtschaftsflächen zerstören das häufig hochempfindliche natürliche Gleichgewicht dieser Gebiete und damit die schützenswerten Arten und Biotope.

 

 

Wir hoffen auf Ihre Unterstützung bei der Berücksichtigung unserer Anliegen.

 

 

Mit freundlichen Grüssen

 

Karlsruhe, 20.8.2000

 

                       Klaus Stapf